Konzertbericht

Tuomas Saukkonen & Before The Dawn - Abschlusskonzerte

Soundcheck, Foto: Arne Glaser

Ein Bericht aus Finnland

Finnland / Lahti - Die finnischen Winter haben den Ruf sehr kalt zu sein, dieses Jahr ist eher grau in grau und relativ "warm". Die Witterung lässt einen eher in sich selbst zurück ziehen, über Vieles nachdenken.

Zum Beispiel über die vergangen rund 15 Jahre, in denen ein Musiker seine Dämonen und die Dunkelheit seiner Seele zu Papier brachte, in düsteren, facettenreichen und tiefgehenden Melodien und Texten vertonte.
Eine ganze Reihe an Projekten hat er, Tuomas Saukkonen, auf die Beine gestellt. Sie waren geprägt von dem stetigen Anspruch von Perfektion, so wie sich Saukkonen diese vorstellte.
Hält man sich dies vor Augen, ist es eigentlich gar nicht mehr so verwunderlich, dass gefühlt bei jedem Release die Zusammensetzung der Bands eine andere war, man auf Konzerten stetig neue Gesichter sah. Eine echte personelle Konstante war lediglich Saukkonen selbst.

Before The Dawn - Tuomas Saukkonen - Foto: Arne GlaserDies trifft vor allem auf sein größtes und bekanntestes Projekt Before The Dawn zu, wo es kurz nach Veröffentlichung von Deathstar Rising einen umfangreichen personellen Wechsel gab und sich zu dem gleich noch der Stil der Band ein Stück weit ins noch Düsterere hin ändern sollte.
Aber genau betrachtet war dies auch nur ein logischer Schritt, der sich über die Jahre hinweg auf gewisse Art bereits abzeichnete.

Andere Projekte haben es dafür noch nicht einmal bis zum zweiten Release geschafft, wie z.B. das im Rest von Europa wahrscheinlich eher unbekannte, rein finnischsprachige RoutaSielu oder auch The Final Harvest.
Man könnte auch Dawn Of Solace dazu zählen, dies wurde aber in Form von Black Sun Aeon fortgeführt.

Nun, nach eben fast 15 Jahren, ist aber die Zeit gekommen, Abschied zu nehmen. Anfang des Jahres gibt Saukkonen bekannt, dass alle Projekte beendet werden. Dieser Schritt stand bereits vor ein paar Jahren zur Debatte,
mit der Decade of Darkness-EP sollte ein gebührender Abschluss mit entsprechender Europatour von Before The Dawn gemacht werden.
Nur hatten hier die Fans der Band unbewusst ganze Arbeit geleistet, Saukkonen neue Energie geschöpft und sich an die Schaffung von Deathstar Rising gemacht. Mit Rise of the Phoenix (BTD) und Blacklight Deliverance (BSA) sollte er aber nun zwei Werke schaffen, welche seine Art von Perfektion erfüllen sollten.

Beim Festival-Sommer 2012 werden die letzten Auftritte von Before The Dawn und Black Sun Aeon stattfinden. Wieder wird keiner der anwesenden Gäste und Fans davon wissen.
Dementsprechend fallen im Januar dann auch die Reaktionen aus. Für die meisten dürfte die Bekanntgabe der Auflösung eine große Überraschung sein, man ist bestürzt, enttäuscht, bedankt sich gegenseitig für die Zeit.

Aber es soll auch zwei Lichtblicke geben.
Zum einen kündigt Saukkonen eine kleine Abschiedstour an, sechs Akustikkonzerte und ein Abschlusskonzert, wo alle wichtigen Projekte spielen werden. Einziger Wehmutstropfen: die Konzerte werden alle in Finnland stattfinden.
Zum Anderen soll dies nicht das absolute Ende sein: es soll eine sehr umfangreiche Best-Of-Scheibe produziert werden und Saukkonen hat im selben Atemzug, wie er alle seine Projekte beendete, angekündigt, dass er bereits an einem neuen Projekt, Wolfheart, arbeitet und die ersten Klänge, die man in einem kleinen Teaser vernehmen konnte, lassen auf eine Mischung aus Before The Dawn und Black Sun Aeon schließen.
Aber bis wir da fertiges Material hören werden, werden noch einige Monate vergehen und so stand die Abschlusstour ganz dick im Terminkalender.



BTD/BSA/DOS - Janica + Mikko - Foto: Arne Glaser16.2. Jyväskylä

Die Tour ist bereits seit einer Woche im Gange, nach dem Auftritt soll ich erfahren, dass die bisherigen Konzerte sehr unterschiedliche Reaktionen hervorbrachten, vom sehr konzentriert zuhörenden Publikum, bis hin zum Publikum, welches sich lieber lautstark unterhielt und trank und die Musiker Probleme hatten, ihre eigenen Saitenanschläge zu hören.
Es sollen Songs von Before The Dawn, Black Sun Aeon und Dawn Of Solace in akustischer Variante dargeboten werden - schon allein deswegen ist es eine sehr besondere Konzertreihe.
Gespielt wird ein einer Bar, dem "Mustakynnys"; die kleine Bühne ist schnell eingerichtet, der Soundcheck zügig erledigt. Jetzt heißt es erst einmal ca. zwei Stunden rumbringen. Das Konzert soll gegen 23 Uhr losgehen; in den finnischen Locations wie dieser nimmt man es da nicht so genau.
Kurz bevor es losgehen soll, sitzen Janica, Mikko und Pyry zusammen, spielen sich ein wenig warm, probieren nochmal die eine oder andere Tonlage, diskutieren, wie es nun eigentlich richtig sein müsste.
Man merkt: Auch für die Akteure ist es was Spezielles; es gibt keine Routine, jeder Auftritt ist irgendwo doch ein wenig anders.
Halt einfach was Besonderes.

Dann ist es soweit. Vielleicht 40 Gäste stehen vor der Bühne, weitere sitzen in den Räumlichkeiten verteilt. Die eine Hälfte ist extra für das Konzert in die Bar gekommen, die andere will einfach einen schönen Samstagabend haben und bekommt dafür noch ein wenig musikalische Unterhaltung.
Es soll ein sehr bedächtiges Konzert werden. Die vor der Bühne Versammelten folgen gespannt und in die Musik vertieft dem Konzert.
Was anderes kann man aber bei diesen Klängen auch gar nicht tun. Die Musiker haben es geschafft, aus den normalerweisen sehr harten, teils doomigen Material Songs zu formen, welche unter die Haut gehen. Sie sind bis auf ihren inneren Kern, ihr wahres, düsteres Gesicht reduziert. Die Mischung aus Janicas und Mikkos kraftvollen, prägnanten Stimmen und dem voluminösen Gitarrenspiel
von Tuomas und Pyry spiegeln perfekt die Düsternis der Songs wieder.
Es werden Songs gespielt, die man schon sehr lange nicht mehr gehört hat und noch nie in einer akustischen Fassung.
Hier seien vor allem "Unbreakable" (BTD) und "Dead Air" (DOS) genannt. Die Palette bestehend aus 10 Songs erstreckt sich über alle Alben der 3 wichtigsten Projekte Saukkonens.
Den Abschluss macht nach etwa einer Stunde "Deadsong" (BTD), bei welchen dann doch der eine oder andere mitsang.
Nach einem kurzen Wort des Dankes ist man verschwunden. Und auch die Gäste zerstreuen sich wieder.
Die Stimmung in der Band ist nach dem Konzert gedrückt, die Geschichte der Bands neigt sich dem Ende; man identifiziert sich sehr mit den Songs, mit der Musik. Somit gehen die Konzerte auch den Musikern sehr nahe.
Aber man freut sich auch über das Publikum, darüber, dass es aufmerksam war, sich in die Musik hineinversetzte.


BTD/BSA/DOS - Janica + Tuomas + Mikko - Foto: Arne Glaser20.02. Tampere

An diesem Abend soll das letzte Konzert der Akustiktour und damit das vorletzte Konzert der Bands überhaupt stattfinden.

Die Location ist die "Lounge 23", eine kleine Bar im Zentrums der Stadt. Eine sehr kleine "Bühne", mehr eine Sitzecke, in der Mitte der Bar ist schon vorbereitet, ein paar Sitzecken und Hochtische mit Barhockern ringsum versprechen einen sehr familiären Abend.
Man merkt den Vieren an, dass es ihnen nah geht, man ist ruhig, unterhält sich noch mit dem einen oder anderen Bekannten, aber im Grunde will jeder vor dem Auftritt eher für sich sein.
Langsam finden sich auch die ersten Gäste ein, etwa 25 oder 30 werden es bis Konzertbeginn sein. Ein wahrlich sehr familiärer Abend, aber dafür findet jeder noch einen bühnennahen Sitzplatz.
Die Setlist ist die gleiche wie auch schon bei den anderen Akustikkonzerten. Man kann nun halt nicht jeden Titel sinnvoll ins akustische bringen und wirklich Zeit, eine größere Auswahl einzuüben, war auch nicht, sind doch alle vier, allen voran Saukkonen, noch anderweitig gut eingespannt.

Gegen 22 Uhr laden Tuomas und Pyry mit den ersten Klängen zu "Unbreakable" zu einem düsteren musikalischen Abend ein.
Alle Anwesenden, selbst das Barpersonal, lauschen gespannt den Melodien und sind vertieft in die dunkle Atomsphäre, welche in dieser Form eigentlich nur aus einer finnischen Feder kommen kann.
Tuomas, Pyry, Janica und Mikko sind aber voll konzentriert, spielen ein fast perfektes Set, und wenn irgendwo einer der üblichen Live-Schnitzer aufkam, hat es sicher keiner gemerkt, denn in dieser Musik kann man eigentlich nur versinken und sich von ihr tragen lassen.
Sie wirkt als großes Ganzes und man würde vielleicht beim hundertsten Mal hören immer noch nicht alle kleinen aber feinen Details erkennen.
Und so ist auch hier wieder die Stunde, die das Konzert geht, viel zu schnell um.
Man bedankt sich, trifft noch ein paar alte Freunde und Bekannte aber dann ist es auch bald Zeit, die Akustiksession hinter sich zu lassen und zurück Richtung Lahti zu fahren.
Denn nach dem Konzert ist hier immer noch auch vor dem Konzert...


23.02. Lahti

Heute ist nun der große Tag, an dem ein gebührender Abschluss für RoutaSielu, Black Sun Aeon, Dawn Of Solace und Before The Dawn gefeiert werden soll.
Bereits zum Nachmittag trifft man sich, um die Bühne des "Finlandia-klubi" einzurichten. Und ich staune nicht schlecht, wem man so alles in den Stunden während des Aufbaus über den Weg läuft. Neben dem letzten Line-Up der Bands sind auch so einige alte Gesichter wie Lars Eikind oder Panu Willman anwesend. Das dürfte ein sehr interessanter Abend werden.
Noch ist die Stimmung relativ locker, man freut sich, mal wieder alte Kumpels zu treffen und baut zügig alles auf. Bis kurz vor Einlass um 20 Uhr ist man dann doch noch ordentlich beschäftigt, und während die ersten Gäste eintreffen, werden noch die letzten Feinheiten abgestimmt. Wer von den Musikern soweit alles erledigt hatte, gönnte sich noch einen entspannten Saunagang im Backstage-Bereich der Location; andere saßen beisammen und unterhielten sich.
Aber man merkt, dass gerade unter den Hauptakteuren eine ordentliche Anspannung vorherrscht und die Emotionen überall mitschwingen.

 

2RoutaSielu - Mikko Heikkilä - Foto: Arne Glaser0:45 Uhr ist es dann so weit: Der Klub ist gut gefüllt, auf den Community-Seiten der Bands hatte sich angedeutet, dass Gäste aus aller Welt dabei sein könnten. Mindestens zwei Herren aus Italien sind extra für dieses Konzert angereist, sicher noch einige mehr aus anderen Teilen Europas.
RoutaSielu sollen den Auftakt dieses besonderen Abend geben und leiten diesen mit dem etwas behäbigeren Song Soturi ein. Jene Gäste, die hier noch nicht so richtig in Schwung kommen, sind es spätestens beim zweiten Song der Setlist, Sukuhauta.
Die Band spielt zeitweise mit einer Energie, dass man sich fragt, wie der eine oder andere von ihnen die nächsten gut drei Stunden dies durchhalten will. Die Menge aber erfreut's, Haare fliegen und hier und da wird mitgesungen.

 

21:30 Uhr wird es etwas düsterer und schwermütiger. Black Sun Aeon betreten die Bühne; am Mikro für die härteren Sachen diesmal nicht Saukkonen von seinen Drums aus (wie sonst vor allem auf europäischen Festivaltouren üblich), sondern Juuso Turkki, eigentlich bei Hypothesis tätig. Irgendwie passend zum letzten Track von RoutaSielu erklingt zum Auftakt von Black Sun Aeon das relativ lange Intro von Funeral of the World mit anschließenden harten, treibenden Growls von Juuso und klareren, fast schon flehenden Vocals von Mikko, welche direkt unter Beweis stellen können, wie gut sie zusammen auf der Bühne performen. Es ist ein Fest, vor allem für die Nackenmuskulatur, welche für später noch warm gehalten werden sollte.Black Sun Aeon - Janica Lönn - Foto: Arne Glaser

Wie für Black Sun Aeon üblich, halten sich Ansagen stark in Grenzen; man spielt sozusagen einfach durch, lässt seiner inneren Dunkelheit freien Lauf und auch die Gäste genießen sichtlich den Auftritt.Nach den ersten drei Songs, welche alle vom Album Routa kamen, betrat Janica die Bühne und übernahm das Mikro, um mit Solitude noch etwas doomigeres Material anzustimmen und Menge eintauchen zu lassen in eine Woge aus Schwermut.

Auch der nächste Gastsänger Mynni Luukkainen, welcher ebenfalls beim ersten und letzten BSA-Album aktiv war, hielt zunächst mit A Song For My Funeral diesen Schwermut, nur um dann mit Brothers wieder etwas einzuheizen und auf den letzten Gig des Abends einzustimmen.

Before The Dawn - Panu Willman - Foto: Arne Glaser22:45 Uhr. Der Moment, auf den wohl sehr viele der Anwesenden gewartet haben, rückt näher.
Die Bühne wurde nochmal ein klein wenig aufgeräumt, Kameras hier und da platziert, die Tontechniker haben sich verbarrikadiert, sodass keiner mehr hinter ihren Rücken rumläuft und sie stören könnte. Dieser letzte Auftritt soll, nein muss, einfach perfekt werden.
Before The Dawn betreten die Bühne und schlagen zu Pitch-Black Universe gleich richtig in die Saiten - das Spektakel hat begonnen.
Es wird ein Auftritt, der durch die Geschichte der Band führt. Immer, wenn man denkt, besser geht es nicht, legt Tuomas noch einen drauf.
Einer der ersten Weggefährten, Panu Willman, betritt die Bühne und rockt zu My Darkness und den folgenden Tracks. Man sieht, er hat sichtlich Spaß, hier dabei sein zu dürfen und seine alten Gesangparts von vor rund 10 Jahren wieder zu neuem Leben zu erwecken.
Das nächste Highlight soll aber auch nicht lange auf sich warten lassen. Und so stimmt Saukkonen nach My Room einen der besonderen Tracks seines ursprünglichen Projektes für eher doomigeres Material an. I Was Never There von Dawn Of Solace erklingt und hinterlässt ein Gefühl von Schwermut und Nostalgie. Aber verweilen wir nicht lange in diesem Zustand, Phoenix Rising holt einen wieder zurück in die Gegenwart und das mit purer feuriger Energie und läutet langsam das Ende des Gigs ein. Aber halt, einen Trumpf hat Saukkonen noch in der Tasche.
Die letzten Songs diesen Abends könnten auch als Fingerzeig gedeutet werden und so betritt Lars Eikind für Deadsong die Bühne, um auch hier seinen alten Gesangspart zu übernehmen. Aber er tut dies nicht alleine: Die Menge denkt gar nicht daran, ihn damit allein zu lassen und singt kräftig mit, wie auch schon bei anderen Songs.
Der finale Abschluss wird mit Unbreakable zusammen mit Mynni Luukkainen am Mikro eingeleitet und es ist ein Moment voller Emotionen, als die letzten Akkorde verklingen.
Einige Fans machen deutlich traurige Gesichter und sind zugleich einfach froh, dabei gewesen zu sein. Die Musiker, allen voran Tuomas und Pyry, welche bei allen drei Gigs auf der Bühne standen, sind erschöpft, man fällt sich in die Arme,
gratuliert sich gegenseitig, ist einfach am Ende, da fliegt auch schon mal Saukkonens schwarzer 7-Saiter gegen die nächstbeste Wand.

Before The Dawn - Lars Eikind - Foto: Arne Glaser

Before The Dawn - Mynni Luukkainen - Foto: Arne Glaser

Before The Dawn - Juho Räihä - Foto: Arne Glaser

Was bleibt noch zu sagen? Es war einfach ein besonderes Konzert, sei es durch die vielen Gastmusiker, durch die kleinen Schnitzer und Verspieler, die man sich leistete oder durch eine sehr gute Abmischung.Jeder hat einfach alles gegeben um dieses letzte Konzert zu etwas Besonderem zu machen und man kann gespannt auf die finale Konzert-DVD sein, welche zumindest für den BTD-Gig gedreht wurde.Um mit den sinngemäßen Worten Saukkonens zu schließen: "Es war vieles, aber vor allem: es war!"

RS/BSA/BTD - All Members - Foto: Arne Glaser

Setlists:

Before The Dawn - Acoustic
1. Unbreakable
2. My Room
3. Dead Air
4. Solitude
5. Monsters
6. Hide Me
7. I Was Never There / Morning Sun
8. Nightfall
9. Frozen
10. Deadsong

RoutaSielu
1. Soturi
2. Sukuhauta
3. M.E.V
4. Enkeli
5. Kaipaus
6. Pimeys
7. Loppu / Ystävä

Black Sun Aeon
1. Funeral of the World
2. Frozen
3. River
4. Solitude
5. Oblivion
6. Nightfall
7. A Song for my Funeral
8. Brothers

Before The Dawn
1. Pitch-Black Universe
2. Fear Me
3. Disappear
4. Throne Of Ice
5. My Darkness
6. Vengeance
7. My Room
8. I was Never There
9. The Black
10. Phoenix Rising
11. Fallen World
12. Eclipse
13. Deadsong
14. Unbreakable

agla

 

01.04.2013

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