Konzertbericht
Blackmore's Night / Geyers
05. September 2008
Chemnitz, Stadthalle
"Manchmal ist es besser, zu reisen als anzukommen" sagte einmal der amerikanische Schriftsteller Robert Pirsig. Und auch Blackmore's Night gehen auf eine Reise, Secret Voyage. So heißt das neue Album, und das stellen sie zurzeit ebenfalls reisend vor. Im Zuge dieser Tour sind Ritchie Blackmore, Candice Night und ihre Band auch zu Gast in der Stadthalle Chemnitz. Zugegeben, der sächsische Landschaftszug hat einige wunderschöne und für ein Konzert dieser Art weitaus besser geeignete Plätze zu bieten, doch Blackmore's Night schaffen es, im recht strikten und beinahe statischen Würfel inmitten der Stadt der Moderne eine mittelalterliche Stimmung zu erzeugen.
Nahezu pünktlich um Acht Uhr geht das große Licht aus und ein altertümlich gekleideter Dudelsackspieler, gefolgt von einem Mann, der, ebenfalls derart kostümiert, seiner Mandoline einige Akkorde entlockt, geht musizierend durch die Reihen des mittlerweile gut gefüllten Großen Saales der Chemnitzer Stadthalle. Das zunächst wirre Spiel wandelt sich, als die beiden Musiker die Bühne erreichen, in Beethoven's Ode an die Freude. Somit hat sich die Vorgruppe des Abends vorgestellt. Es handelt sich um 2 Mitglieder der schwäbischen Band Geyers, die ein abwechslungsreiches Programm liefern, mit bekannten Melodien wie Greensleeves oder auch weniger populären Stücken, wie z.B. der Elegie für Mandoline, Hümmelchen und Schäferpfeife. Wohl nur wenige der Zuschauer wissen überhaupt, was das für Instrumente sein sollen (von der Mandoline einmal abgesehen, die, wie Thomas Roth erzählt, ein Geschenk Ritchie Blackmore's persönlich sei) und so gibt es eine kleine Einführung in mittelalterliche Instrumentenkunde frei Haus geliefert. Charmant und witzig wissen die Geyers zu gefallen und das halbstündige Set ist im Nu vorbei. Nach den "Verbraucherinformationen" ("... die CD's haben den Vorteil, dass sie saugut sind...") wird noch ein Trinklied angestimmt, das erste Mal an diesem Abend, dass Gesang ertönt, und zum Abschied gibt es die ersten Standing Ovations in den vorderen Rängen.
Nach der halbstündigen Pause nehmen die Gäste ihre Plätze wieder ein (die Loge ist vollbesetzt) und Blackmore's Night beginnen ihre Show mit dem Intro zum neuen Album, God Save the Keg, gefolgt von Locked Within a Crystal Ball, das auch Grundlage eines Videos ist, welches man auf der Homepage des Labels (SPV) anschauen kann. Vom ersten Augenblick sind die Zuschauer im Banne der Künstler auf der Bühne. Die Videoleinwand, auf der Clips mit Naturbildern abgespielt werden, trägt dazu bei, den Auftritt sehr atmosphärisch zu gestalten. Klassiker wie Queen for a Day und Under the Velvet Moon, gefolgt von einem Medley, welches Ralph McTell's Streets of London und Times they are a-changing (Bob Dylan) beinhaltet, sorgen für eine hohe Publikumsbeteiligung. Soldiers of Fortune und ein instrumentales Medley, gefolgt von Gilded Cage, welches auf einer traditionellen französischen Melodie beruht - übrigens einst von den Geyers an Blackmore's Night herangetragen - leiten die Vorstellung der einzelnen Bandmitglieder ein, z.B. der neuen Stage-Violinistin und Backgroundsängerin Little Witch und "On vocals Ritchie Blackmore, on lobster Candice Night." Back Home again sorgt - vor allem in den ersten Rängen - für Furore: Klatschchöre, Standing Ovations und beifallendes Pfeifen begleiten besonders den Refrain.
Anzumerken ist, dass Candice Night's Flöten etc. als scheinbar einzige elektrisch unverstärkte Instrumente leider manchmal untergehen, vor allem, wenn es auch mal rockiger wird..
Als fröhlich in die Runde gefragt wird, was man denn an diesem Abend so hören möge, kommen auch vereinzelte Vorschläge von Seiten der Zuhörer, doch eher sporadisch und unverständlich, so dass man sich für das Rainbow-Cover Rainbow Eyes entscheidet, nicht das letzte Lied einer der Bands, mit denen Ritchie Blackmore berühmt geworden ist. Und endlich greift Blackmore auch mal zur E-Gitarre, um All for One anzustimmen und trotz dass dieser Song schon älter ist, stimmt das Publikum erst recht spät mit ein. Dafür stehen sie aber auf wie die Orgelpfeifen. Und natürlich darf an dieser Stelle ein Lied auf keinen Fall fehlen: Bei Smoke on the Water beweist Candice Night, dass sie auch anders kann, und das mit mächtig viel Kraft in der Stimme. Und auch hier macht das Publikum seiner Begeisterung durch Rufe und Pfeifen derart lautstark Platz, dass das, was auf der Bühne gesagt wird, völlig untergeht, was aber wiederum die Zuschauer nicht stört, da sie ja voller Begeisterung sind und diese eben genauso begeistert kundtun.
Zum Abschluss gibt es natürlich ebenfalls Standing Ovations und nachdem die beiden Zugaben, u.a. The Village Lantern gespielt sind, ist das zweieinhalbstündige Programm vorbei und die Zauberwelt, die man als Zuhörer die Ehre hatte, betreten zu dürfen, hallt noch immer in den Köpfen nach, wenn man den kubischen Bau der Stadthalle verlässt und sich ins alltägliche Leben stürzt.
mica