Konzertbericht
Ensiferum / Metsatöll / XIV Dark Centuries / Tracedawn / Mortjuri
23. Oktober 2009
Jena, F-Haus
"An Ensiferum: Das F-Haus ist das Geilste, was euch auf dieser Tour passieren konnte - und nicht nur wegen uns." Selbstbewusste Worte, die Vokalist Tobias während des etwa fünfunddreißigminütigen Auftrittes seiner Band Mortjuri an den Headliner des Abends richtete. Nicht ganz zu unrecht. Immerhin heizten die Metaller ab 20:00 Uhr mit Songs wie „Death But Not For You“ oder „It Shall Be Done“ dem Jenaer Publikum ordentlich ein. Zugaberufe blieben nicht aus und wurden zum Leidwesen der Organisatoren auch erfüllt. Vielleicht ein wenig zu viel des Guten bei dem engen Zeitplan für diesen Abend.
Im Schnelldurchlauf erfolgte der Bühnenumbau, bei dem Tracedawn, auf die ich am meisten gespannt war, kräftig mit anpackten.
„We are Tracedawn and we don’t give a fuck!“ begrüßte Bassist Pekko gegen 20:55 Uhr die Menge. Dies bewiesen sie sofort mit „Justice For None” und „Make Amends”. Das Sextett schaffte es den Sound seiner beiden großartigen Alben zu toppen und überzeugte durch noch härtere Klänge. Mit Leichtigkeit wechselte Frontmann Antti, mit dem wir im Vorfeld ein Interview hatten, bei Titeln wie „In Your Name“ oder „Without Walls“ zwischen klarem Gesang und Growls hin und her, der Rest der Band glänzte durch Spielfreude und Instrumentenbeherrschung. Mir fehlten die Worte. Rampensau Antti freute sich am Ende ihres fünfundzwanzigminütigen Auftrittes zu Recht wie ein Schneekönig. Das war Weltklasse, was die Finnen da abgeliefert hatten.
Ab 21:40 Uhr stand „Heidnischer Thüringer Metal“ auf dem Programm. Schilde zierten nun die Bühne und XIV Dark Centuries sorgten in traditionellen Gewändern mit Stücken wie „Skithingi“, „Falsche Propheten“ oder „Skiltfolk“ weiter für ausgelassene Stimmung. Der Herr an der Flöte, der das Sextett hier und da unterstützte, entpuppte sich im Nachhinein aber eher als Bierholer. Prost! Das Zusammenspiel der Band funktionierte jedoch tadellos und ihr folkloristischer Sound mit überwiegend klarem Gesang fand in einem sehr gut gefüllten F-Haus großen Anklang. Zu altem Liedgut wie „Bragarful“, „Teutonentanz“ oder „Ahnenland“ wurde genauso abgefeiert wie bei der Vorstellung des neuen Werkes „Hinauf zum goldenen Tor“. Die etwa vierzigminütige Show der Herren aus Zella-Mehlis war ebenfalls ein voller Erfolg.
Gegen Dreiviertel Elf begannen Metsatöll a capella ihren Auftritt und hauten den Konzertbesuchern anschließend ein Brett nach dem anderen um die Ohren. An Spielfreude und -qualität waren die Vier kaum zu überbieten. Allroundtalent Lauri wechselte die Instrumente wie andere Männer ihre Unterhosen und glänzte nicht nur am Torupill (Estnische Sackpfeife), sondern auch an der Gitarre, Flöte und Zither.
Gern übertrat er schon einmal den provisorischen Fotograben, um dem Publikum ganz nah zu sein - nur ein Beispiel für die hervorragende Bühnenpräsenz der Band. Obwohl mir der stark von estnischer Folklore beeinflusste epische Heavy Metal des Quartetts während ihrer fünfundvierzig Minuten Spielzeit immer mehr wie ein viel zu lauter Einheitsbrei vorkam - ob dies am Sound der Band allgemein oder nur an den wenigen Ansagen und fließenden Übergängen zwischen den Songs lag, sei mal dahin gestellt - traf dieser wohl genau den Geschmack der Zuhörer, deren gute Laune definitiv den Siedepunkt erreicht hatte.
Schon bei Ensiferums Intro „By The Dividing Stream“, welches kurz vor Mitternacht erklang, kochte die Stimmung nun endgültig über. Als Emmi, Janne, Sami, Markus und Petri mit traditioneller Kriegsbemalung die Bühne enterten, gab es kein Halten mehr. „From Afar“ erschallte und ein pogendes, laut mitsingendes Publikum verwandelte das F-Haus in einen Hexenkessel, der bis zum Ende der Show in dieser Form bestehen blieb. Nach einem Abstecher zur „Twilight Tavern“, stimmte man mit „Little Dreamer“ Klänge aus früheren Zeiten an. Bassist Sami, welcher uns vor dem Konzert für ein Interview zur Verfügung gestanden hatte, befand währenddessen einen Teil der Bühnendekoration für überflüssig. Schnell war der umgestürzte Banner jedoch beiseite geräumt. Sofort ging es mit „Elusive Reaches“, „Wanderer“ und
„Stone Cold Metal“ weiter. Ein paar Herren ließen sich inzwischen von der Menge auf Händen tragen, während die Fünf auf der Bühne alles gaben und instrumental wie stimmlich zur Höchstform aufliefen. Markus poste zeitweise für die Fans, ein im Schweiße seines Angesichts nur so tropfender Petri animierte das Publikum zum Mitsingen und die Haare der drei Herren an den Saiteninstrumenten flogen immer wieder durch die Luft, dass es eine helle Freude war. Mit „Tale Of Revenge“, „Smoking Ruins“ sowie „One More Magic Potion“ feuerte man noch mehr Viking Metal vom Allerfeinsten ab. Insgeheim hoffte ich, dass dieser Abend nie enden würde. Doch mit „The Longest Journey“ verabschiedeten sich Ensiferum fürs Erste. Allzu lange musste das Publikum aber nicht betteln um das Quintett für einige Zugaben zurück auf die Bühne zu holen. Mit „Treacherous Gods“, „Lai Lai Hei“ und „Iron“ ging schließlich gegen 01:30 Uhr nicht nur ein geniales Ensiferum-Konzert, sondern ein insgesamt absolut gelungener Abend zu Ende.
koeh