Konzertbericht
Sonic Syndicate / Deadlock / Blowsight
19. Novemer 2010
Einlass: 20:00
Beginn:20:30
"Überpünktlich" um 20 nach Acht eröffnen die Schweden von Blowsight den Abend. Mit I Wish You 666, dem Opener ihres neuen Albums "Dystopia Lane" (zur Review). Und trotz dass die Jungs vom ersten Ton an die volle Breitseite an Kraft, Charisma und guter Laune liefern, hält sich das ohnehin schon recht dünn besetzte Publikum ziemlich bedeckt.
Die eher geringe Zuschauerzahl lässt sich darin erklären, dass es an diesem Abend diverse Konkurrenzveranstaltungen hier in Leipzig, einige sogar in unmittelbarer Nähe, gibt (dem Hörensagen nach sollen mindestens zwei davon vom selben Veranstalter ausgerichtet sein, was einem zweifelsohne zu denken geben sollte).
„It’s f*ing Friday…“ so einer der ersten Kommentare von Seiten der Musiker, kurz bevor sie den Ohrwurmkracher Three Words (Under Ordinary) präsentieren. Nur bedingt lassen sich einige Skeptiker dazu herab, eine Vorband anzuhören, die augenscheinlich beim hiesigen Oratorium nicht hinlänglich bekannt ist – doch das soll sich ändern: bei Liedern der Klasse All That is Wrong oder der Singleauskopplung Bandit For Life, kann man das wachsende Interesse des Publikums nahezu greifen.
Leider nuschelt Sänger Nick Red derart, dass ein Verstehen seiner Ansagen schon ein gehöriger Akt der Interpretation ist (aber es hatte irgendwas mit Gläsern zu tun)...
Das Quartett kann letztlich einen sehr guten Eindruck hinterlassen, und das mit viel Charme. Fakt ist: Blowsight machen Laune! Selbst jene Anwesenden, die der Band im Vorfeld keinerlei Beachtung geschenkt haben, sind hinterher durchweg von ihrer Qualität überzeugt – so soll es sein, wenn auch die Schlussworte (sollten sie denn so gelautet haben) nur bedingt Sinn ergeben: „Vielen Dank, gute Nacht, verdammter Weihnachtsmann!“
Zum Abschluss wird noch einmal mit dem Lady Gaga Cover Poker Face (kommt live noch besser als auf dem Album) das Potential der Jungs bekräftigt.
Die Umbaupause von etwa 20 Minuten enthüllt nicht nur eine überraschend weit gefächerte Altersspanne des Klientel, sondern auch, dass eben dieses schon deutlich Zuwachs bekommen hat.
5 Herren und eine Dame betreten die Bühne… Deadlock. Eine atmosphärisch Rauchwolke und zwei Takte später bestätigt sich die Erwartung, sollte man die Band denn noch nicht kennen, dass hier klassischer Beauty-and-the-Beast-Metal zelebriert wird. Mit dem Opener The Brave / Agony Applause bieten die Musiker um Sängerin Sabine Weniger ihrem Auditorium schon mal mächtig Moshfutter, oder besser: Die knüppeln gewaltig! Songs wie Code of Honor, oder Death Race treffen auf faktisch offene Ohren. Man merkt, dass Deadlock partiell regional sind (Gitarrist Gerd Rymen lebt laut HP in Leipzig) – die Klatschchöre werden stellenweise mit sehr hoher Begeisterung aufgegriffen. Den Text versteht man zwar nur in den weiblichen Vocalparts, und auch nur, wenn man genau hinhorcht, dem Publikum ist das indes scheinbar ziemlich egal, denn hier wird einheitlich kopfgenickt. Dark Cell kann ebenso überzeugen wie Awakened By Sirens, die Meute tobt.
Deadlock beenden ihren Showcase mit dem passenden Titel End Begins und einem sehr zufriedenen Publikum, dessen gehobene Stimmung nicht nur Vorfreude auf den Mainakt sein kann.
Eben dieser schlägt gegen 22:15 auf. Und zwar mit Karacho und We rule the Night. Das Publikum nimmt Sonic Syndicate schon jetzt derart begeistert auf, dass es kaum noch Halten unter den Fans gibt. Die Leute gehen einfach nur tierisch ab, das Bühnenpersonell im Übrigen ganz genauso. Schon legen die Schweden mit Beauty and the Freak nach und in der Mitte des Saales bildet sich eine nicht zu kleine pogende Meute, vor der man zerbrechliche Gegenstände oder am Besten sich selbst erst einmal in Sicherheit bringt.
Bei atmosphärischer Beleuchtung (sehr gerne im klassischen Theaterstil, also indirekt und von unten) und einer Menge Bodennebel können die Herren um den neuen Mann am Hauptmirko, Nathan Biggs, mit Songs vom Kaliber Rebellion in Nightmareland und Flashback überzeugen. Der Pogokreis in der Mitte wird immer größer, wer dem derbe melodischen Deathcore der Schweden nicht abgeneigt ist, steht Kopf, Arme oder Beine schüttelnd im Saal und feiert mit. Bei Revolution Baby geht ein wahrer Jubelsturm los. Einziges leider sehr großes Defizit der Show ist der überdrehte Sound. Der Lautstärkepegel erinnert an das selbstgesetzte Ziel einer bestimmten amerikanischen Truemetalband, nämlich lauter als der Höllenschlund zu dröhnen, und dröhnen ist offen gestanden schon kein Ausdruck mehr. Die einzigen minimal ruhigeren Klänge, die an diesem Abend vom nordischen Sechser angestimmt werden, gehören zu einer Ballade, wenn man es denn so nenne will, die Sänger Nathan durch schwere Zeiten hindurch geholfen haben sollen, so er selbst: My Own Life, vereinzelte Feuerzeuge werden gezückt, doch geht der Konsens mehr auf härtere Klänge, denn kaum ist diese beendet, werden die Ohren einer erneuten Prüfung unterzogen. Es geht lautstark weiter mit Plans are for People und spätestens ab diesem Punkt kann der ungeschulte Zuhörer die einzelnen Lieder nicht mehr von einander unterscheiden. Mögen die Kompositionen der Band gemeinhin doch eher abwechslungsreich sein, so ist an diesem Abend aufgrund der exorbitanten Lautstärke nichts mehr davon mitzubekommen, doch den Fans ist das aufs Herzlichste egal, sie pogen, moschen und schreien, als ginge morgen die Welt unter.
Die erste Zugabe Burn this City provoziert ein lautstarkes Singalong und zum großen Finale des Abends wird noch einmal Ein Kreis in der Mitte des Saales gebildet. Der letzte offizielle Pogo übertrifft alle zuvor gezeigten Bewegungsorgien.
Nach der Künstler Verbeugung und einem sehr kurzen Outro ertönt ein, möglicherweise beabsichtigtes, Sample, bekannt als jenes, welches beim Herunterfahren eines Rechners erzeugt wird. Damit ist das Ende abrupt, aber deutlich.
Fazit: Drei gute Bands haben an diesem Abend aufgespielt, jede für sich nicht mit den anderen zu vergleichen, und doch gut aufeinander abgestimmt. Ein gelungenes, abgerundetes Programm hat für Kurzweile und gute Laune gesorgt und der Großteil des Publikums dürfte, zwar leicht ohrenbetäubt, glücklich den Heimweg angetreten sein.
mica
Ein Interview mit Blowsight kann hier gelesen werden.